Mein Dschungelcamp

Nein, ich muss es mir nicht im TV anschauen, was sich dort jeden Tag an menschlichen und tierischen Dramen abspielt, während ich betroffen auf meiner Couch sitze. Meine Tochter sitzt im Sessel und sagt, das sei eine Form von medialer Prostitution - woher das Kind nur diesen Begriff kennt? Nun ja, 16-jährige Weltweise wissen fast alles heutzutage. Jedenfalls mehr als Walter, von dem man nicht weiß, ob er an seniler Bettflucht leidet oder unter Heimweh. Säße ich unter C-Prominenten, deren einzige Erwartung geblieben ist, von Sonja Zietlow kommentiert und von Kackerlacken umworben zu werden, würde ich sicherlich auch Heimweh bekommen und eine Depression dazu. Die Aussicht Dschungelkönig zu werden, reizte mich auch nicht sonderlich. Mein Garten genügt mir, da bin ich König, da bin ich Mensch. Und in einem verrechneten Sommer gleicht mein Garten ebenso einem Dschungel; es wächst und wuchert an allen Ecken und Enden. Was mich auf die Idee bringt, dass ich den Landrat, den Bürgermeister, den Dorftrottel, den Landratsabgeordneten und zwei oder drei Bürger einladen könnte, mit Schlafsack und Matte sich in meinem Dschungel einzuquartieren. Und jeden Abend würde ich auf meiner Couch sitzen und zu den Wintergartenfenstern hinausschauen und die illustere Gesellschaft zugucken. Und wenn beispielsweise der Bürgermeister die Dschungelprüfung besteht, in dem er die Blattläuse vom Rosenstrauch ableckt, dann kriegen sie alle zum Abendessen lecker Schnittchen. Allerdings müsste ich meiner Tochter verbieten, von medialer Prostitution zu sprechen. 1. Könnten die das hören und sich furchtbar schämen; 2. ist es etwas ganz anderes, wenn das Ganze in meinem Garten stattfindet, anstatt vor Millionen bei RTL. Außerdem läuft bei mir keine Werbeunterbrechung. Noch ... es sei denn, ein legaler Hersteller von Cannabis meldet sich. Ohnehin habe ich den Eindruck, dass der Sender mit diesem TV-Format die Legalisierung heimlich vorbereitet. Denn bekifft wäre sie sicherlich lustig.

©NovalisNew2015